In Erinnerung an Einen, den ich Zeit meines Lebens NICHT vergessen werde...
Christoph Schlingensief!

Geschrieben, 2. September 2010

......was wäre wenn.......


Er war Jemand, der sofort nach meiner Seele gegriffen hat.. mit seiner Art, seiner Rebellion ( die ja eigentlich keine war, sondern nur seine Echtheit unterstrichen hat )
Er hatte diese Augen.. in denen wir den kleinen Jungen genau so sahen, wie den Kämpfer, die Resignation, das Leben und das Ende.
Es lag die ganze Welt in seinen Augen, wenn er oft unter Tränen fluchte und nach Erklärungen für seine SCHEISS Krankheit suchte... wenn er hilflos die Auseinandersetzung mit dem toten Vater und der lebendigen Mutter suchte, sie aber doch so abgöttig liebt.. ihnen der Sohn sein wollte, auf den sie Stolz sein konnten...

Zu süss ( ja süüüüss sagen " Mädchen " halt ) wenn er erzählte, dass seine Mutter bis heute denkt, er wäre Landschaftsfotograf und ihm Übel nahm, dass aus Bayreuth ( denn das, BAYREUTH war ja schon was Grosses, auch für seine Eltern ) schlechte Nachrichten kamen, er würde sich daneben benehmen ( sag das jetzt mit meinem Worten ) und hätte was mit Katharina ( Wagner ) .... hätten die Nachbarn gesagt... und ihm das so leid tat, dass er ihr nie wirklich erklären konnte, was in seiner Echtheit er wirklich tat... und nachhaltig immer noch tut!

Er verfluchte seinen Vater und lief nachts zu ihm auf den Friedhof um sich mit ihm auseinander zu setzen, weil er fest daran glaubte, der Vater hat ihn mit seiner zunehmenden Lebensdepression ( bedingt durch Krankheit ) auch krank gemacht.. würde nun auch ihn zu sich holen....
Er wollte immer, dass es seinen Eltern gut ging, sie Freude haben... er war 10 Kinder in einer Person... Er hat seinen Vater beschuldigt, ihn für seinen Zustand verantwortlich gemacht... dass er ihn mit seiner zunehmenden " Nicht Freude " am Leben nahezu angesteckt hat.... und war dann froh, dass er seine Krankheit doch auf die Inszenierung des Parsifal in Bayreuth schieben konnte, die ihm so unmenschliches abgefordert hat.... die ihn an den Rand der Todessehnsucht brachte.. durch all die Klänge, all das Bedrohliche, das Imposante... das geradezu Abtrünnige... ( verhängnisvoll, zweifelnd, mit Argusaugen, folgenschwer, heikel, misstrauisch, argwöhnisch, bedrohlich, bedenklich, prüfend, zweiflerisch, bang, Besorgnis erregend, katastrophal, skeptisch, besorgt, ernst, haarig, zurückhaltend, beklommen, beängstigend )
Klänge...
Aber auch das verwarf er später wieder... wohl aber sagte er... habe er in dieser Zeit eine beginnende Depression gespürt... Momente nicht wahrnehmen können, die wichtiger gewesen wäre, als die totale Verausgabung!!!! Ein echter Künstler, aber verausgabt sich..
ER KANN GAR NICHT ANDERS....

Alles laut, insbesondere seine Krankheit ... zu thematisieren und auf besessene Weise auszu " leben " fanden viele unmoralisch ... es gehöre sich eben nicht " laut " zu sterben... Er litt unter dem Gedanken nicht mehr autonom sein zu können. Der Gedanke, nicht mehr mitbestimmen zu können.. sich zu ergeben, sich selbst zu verlassen... das bewegte ihn oftmals so sehr, dass es MIR fast das Herz zerreißt... und mit mir.. ganz vielen anderen " AUTONOMEN " einfach Menschen, auch ....

Ich weiss nicht, ob es ihm gelang bis zum Schluss autonom zu sein... ich denke nicht....Wenn Morphium die Gedanken benebelt, wer bleibt da noch autonom...
Nein, in Afrika zu sterben... auch das sollte nicht Wunscherfüllung werden
Sein Abschiedsweg führte ihn wieder zu seinen Wurzeln, seiner Heimat...
In seine Kirche ( und ich hoffe nicht " der Angst vor dem fremden in mir " )

Ich sitze hier und denke...
was wäre, wenn Christoph nicht gestorben wäre und der Tod, sein eigener Tod.. eine einzige Inszenierung wäre um uns einen Spiegel vorzuhalten, in dem wir erkennen, wie absolut NICHT autonom und peinlich die Menschheit eigentlich ist

Jeder Hinterweltdämlichkeits Journalist berichtet nun über ihn... wie toll, wie einmalig und bla bla bla, er doch war...
Meinen ihn zu kennen und rühmen sich mit noch dämlicheren Sätzen wie " das enfant terrible ging seinen letzten Weg ".. schmücken sich mit Nachplappern, Schleim und Siff!!!
Das ja... kotzt ( und ich sag das Wort nie ) mich dermaßen an... das ich es kaum aushalte....
Ich sehe ihn gerade hier durch die Strasse spazieren.... lachend, mit seinem Jungengesicht, das verschmitzte Lächeln auf den Lippen mir zurufend.. " Na, Ute....hab ich's nicht gesagt...jetzt erst lebe ich!!!!! Ich werde beschrieben, geschrieben, überschrieben. Aber ich bin doch gar nicht tot... Guck.. ich stehe auf der anderen Strassenseite, sehe Euch zu und habe wundere mich, dass ihr geglaubt habt...dass so einer wie ich überhaupt sterben kann. NEIN, ich bin nicht tot...
Ich schaue mir die Inszenierung an!!!! Meine!!!! "

Ihr glaubt mir nicht ????
Da würd ich nicht drauf wetten....
Bei Christoph Schlingensief ist alles möglich


Bleibt AUTONOM!!!!!!

Eure Ute